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Vortragsrückschau



Montag, 22. Februar 2016, 19.30 Uhr, Hörsaal H10, Universität Bayreuth, Gebäude NW I

Ein 291 Millionen Jahre alter Paläoboden –
Einzigartiger Lebensraum und Klimaarchiv der Fossillagerstätte Chemnitz


Prof. Dr. Ronny Rößler, Museum für Naturkunde Chemnitz


Der Versteinerte Wald von Chemnitz ist eine international herausragende, 291 ± 1,5 Millionen Jahre alte Fossillagerstätte, die durch einen explosiven Vulkanausbruch entstand, welcher ein gesamtes Ökosystem aus Pflanzen und Tieren und deren Interaktionen an Ort und Stelle konservierte. Umfangreiche Überlieferungen konnten durch die Grabung des Museums für Naturkunde (2008-11) im Stadtgebiet von Chemnitz wissenschaftlich dokumentiert werden. Dabei wurde deutlich, dass das weltweit einzigartige "Pompeji des Perms" riesiges Potenzial birgt, die Beziehungen zwischen Organismen und ihrer Umwelt in Zeiten drastischer Umwelt-Veränderungen zu untersuchen.

Das ausgehende Erdaltertum (Karbon/Perm-Grenzbereich) beinhaltet klimatische Schwankungen und Veränderungen unterschiedlicher Intensitäten und ermöglicht so das Studium vielfältiger Reaktionen der belebten Umwelt. Spektakuläre Funde berichten über Leben und Sterben einer tropischen Oase, über die zerstörende Kraft und konservierende Wirkung explosiven Vulkanismus. 53 noch aufrecht an ihren Wuchsorten stehende und im unterlagernden Paläoboden wurzelnde Stammbasen gewähren Einblick in einen vielfältigen Tiefland-Lebensraum, der nicht nur eine dichte Feuchtigkeit liebende Vegetation beherbergte, sondern auch eine reiche Fauna von Reptilien, Amphibien, Gliederfüßer und Landschnecken lieferte.

Die Holz bildenden Bäume ermöglichen als einzigartige Archive der Natur einen nie gekannten Einblick in die Zyklizität dieses Lebensraumes und bieten erstmals die Chance, die vierte Dimension zu erfassen. Die Zuwachszonen in jeder der vertretenen Pflanzengruppen erlauben eine ganze Palette ökologischer Schlussfolgerungen, wie z.B. bezüglich der Wuchsraten oder unterschiedlichen Anpassungsstrategien an saisonale Schwankungen.

Der Paläoboden, das Substrat des vorzeitlichen Wald-Ökosystems, bildet eine Schlüsselrolle bei der Analyse und Erforschung der Chemnitzer Fossillagerstätte und gestattet Aufsehen erregende Einblicke in die nicht moorbildenden Tiefländer des ausgehenden Erdaltertums, deren Lebewelt, Nahrungsbeziehungen und Evolutionsstufe. Darunter finden sich auch die ersten Skorpione aus dem Perm, gefunden neben mehreren Häutungsresten direkt in ihrem Habitat, einer Höhle wenige Zentimeter unter der Erdoberfläche im Wurzelgeflecht von Bäumen. Trotz Abdruckerhaltung liefern die chemosensorischen Kammorgane dieser Tiere Anzeichen für Sexualdimorphismus mit einem männlichen und einem weiblichen Exemplar in enger räumlicher Beziehung.

Eintritt frei. Gäste herzlich willkommen.

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